Ganz sicher hast du sie schon einmal gesehen: Die Lebensmittel-Ampel auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen. Dabei handelt es sich um den sogenannten Nutri-Score – ein farbliches Kennzeichnungssystem, das die Nährwertqualität von Lebensmitteln bewertet.
Was du als Verbraucher über den Nutri-Score wissen solltest, um dich bei der Auswahl von Lebensmitteln nicht fehlleiten zu lassen, erfährst du in diesem Beitrag!
Nutri-Score Bedeutung
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Schauen wir uns zuerst an, wobei der Nutri-Score genau helfen soll und wie er funktioniert:
Der Nutri-Score ist ein von französischen Gesundheitsbehörden entwickeltes Label auf abgepackten Lebensmitteln, das zu mehr Verbraucherinformation und Transparenz beitragen soll. [1] Es soll dir dabei helfen, schnell und einfach eine bewusstere Entscheidung beim Lebensmittelkauf zu treffen und dich gesünder zu ernähren.
„Gesünder einkaufen und besser essen ist jetzt ganz einfach – mit dem Nutri-Score.“ heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). [1]
Anhand eines Ampelsystems von A (grün) über C (gelb) bis E (rot) wird die Nährwertqualität von (verarbeiteten) Lebensmitteln bewertet, wobei verschiedene Faktoren berücksichtig werden. [2]
- Zu den günstigen Nährwertkomponenten (grün) gehören: der Gehalt an Ballaststoffen, Proteinen, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und ausgewählten Speiseölen
- Zu den ungünstigen Nährwertkomponenten (rot) gehören: der Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Zucker und Natrium (Salz) sowie ein hoher Energiegehalt (kcal)
Ungünstige Bestandteile erhalten Plus-Punkte und günstige Minus-Punkte - je niedriger die Gesamtpunktezahl ist, desto besser der Nutri-Score.
Positive Stoffe können negative also ausgleichen, z.B. kann ein hoher Natrium-Gehalt durch einen hohen Protein-Gehalt oder Gemüse-Anteil rechnungsmäßig also „neutralisiert“ werden.
Die Farben Grün bis Rot sollen bei der Orientierung helfen, wobei ein grünes A eher zu einer gesunden Ernährung beitragen soll als ein rotes E. [2] Wie es genau zur jeweiligen Gesamtbewertung kommt, wird auf der Packung jedoch nicht erklärt.
Das solltest du unbedingt über den Nutri-Score wissen!
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Ein Label, das
- dir auf einen Blick zeigt, welche Lebensmittel zu bevorzugen sind
- dich motiviert, gesündere Lebensmittel zu wählen
- dir hilft, deine Essgewohnheiten zu verbessern
Klingt gut, oder?
Der Nutri-Score hat jedoch auch Schwachpunkte, die zu irreführenden Ergebnissen führen können. Daher solltest du Folgendes unbedingt über den Nutri-Score wissen:
1. Der Nutri-Score vergleicht nur Produkte innerhalb der gleichen Kategorie!
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Einige Nudelprodukte haben den Nutri-Score A (dunkelgrün), Coca Cola Zero B (hellgrün) und bestimmte Nuss-Sorten bekommen die Bewertung C (gelb). Das ergibt doch absolut keinen Sinn, denkst du dir vielleicht.
Das liegt daran, dass der Nutri-Score nicht dafür gedacht ist, Lebensmittel aus verschiedenen Kategorien miteinander zu vergleichen.
Der Nutri-Score dient lediglich dem Vergleich von Produkten derselben Kategorie. Er soll also theoretisch bei Fragen helfen wie „Welche dieser beiden Milch-Alternativen ist die bessere Wahl?“.
Wenn du dem Nutri-Score Beachtung schenkst, solltest du immer im Hinterkopf behalten, dass nur der Vergleich innerhalb einer Produktkategorie sinnvoll ist.
Weshalb der Nutri-Score aber leider nicht immer dabei hilft, das bessere Produkt zu erkennen, erfährst du unterhalb.
2. Der Nutri-Score berücksichtigt viele wertgebende und wertmindernde Inhaltsstoffe nicht!
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Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) berücksichtigt der Nutri-Score die wichtigsten Inhaltsstoffe eines Lebensmittels.
Jedoch fließen diverse wertgebende Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe oder gesunde Omega-3-Fettsäuren überhaupt nicht in die Gesamtbewertung mit ein.
Auch viele wertmindernde Zutaten wie künstliche Zusatzstoffe, Aromen, Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärkerwerden nicht berücksichtigt bzw. negativ bewertet. [3]
So können Lebensmittelhersteller beispielsweise durch das Hochschrauben von Ballaststoffen tricksen und eine gute Bewertung für ein hoch verarbeitetes, nährstoffarmes Produkt voller künstlicher Zusatzstoffe erhalten.
Verlasse dich also nicht blind auf die bunten Buchstaben auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen, sondern wirf auch immer einen Blick auf die Zutatenliste auf der Rückseite des Produkts.
3. Der Nutri-Score bewertet nicht die Qualität der Zutaten!
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Außerdem berücksichtigt das Label nicht die Qualität der Inhaltsstoffe oder deren Herkunft:
- Es wird nicht zwischen vollwertigen und verarbeiteten oder natürlichen und künstlichen Inhaltsstoffen unterschieden.
- Der Nutri-Score berücksichtigt nicht, ob die Zutaten eines Produkts biologische Qualität haben oder aus konventionellem Anbau stammen.
- Bei der Bewertung wird nicht beachtet, ob die enthaltenen Zutaten aus regionalem Anbau stammen oder aus dem Ausland kommen.
- und vieles mehr!
4. Der Nutri-Score differenziert nicht nach verschiedenen Arten von Fetten!
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Wie oben erklärt, wirkt sich der Gesamtfettgehalt von Produkten negativ auf die Bewertung aus. Es wird jedoch nicht differenziert, welche Art von Fetten in dem jeweiligen Lebensmittel enthalten sind.
Fette sind nicht gleich Fette und zwischen gesunden Omega-3-Fettsäuren aus natürlicher Quelle wie Nüssen und gehärteten Fetten in industriell verarbeiteten Produkten liegen ernährungsphysiologisch Welten.
Da Vitamine und Mineralstoffe ebenso nicht mit in die Bewertung einfließen, erhalten gesunde vollwertige Fettquellen wie Nüsse und Samen wie Kürbiskerne, ungeschälter Sesam oder natives Olivenöl ziemlich schlechte Nutri-Score Bewertungen.
Dieses Beispiel zeigt, dass der Nutri-Score nicht für alle Lebensmittel geeignet ist. Insbesondere bei vollwertigen Produkten wie Nüssen und Samen, ist die undifferenzierte Bewertung nicht sinnvoll.
Die Lebensmittelampel berücksichtigt Lebensmittel zudem nicht als Teil einer ausgewogenen Gesamternährung. Eine 250 g Packung Walnüsse am Tag zu essen, wäre durchaus zu viel (Fett und Kalorien). Eine Handvoll (etwa 30-50 g) Walnüsse am Tag zu verzehren, ist jedoch sehr sinnvoll, da sie einen wertvollen Beitrag zur Versorgung mit den gesunden Omega-3-Fettsäuren leistet.
Und so kann ein gelbes C auf einer Nuss-Packung bei uninformierten Verbrauchern Verunsicherung auslösen und dazu führen, dass die gesunde Fettquelle nicht gekauft wird.
Dieser Artikel soll dich daher dabei unterstützen, die Nutri-Score-Bewertung besser einzuordnen und sie nicht als alleinigen Entscheidungsfaktor für oder gegen ein Lebensmittel zu sehen.
5. Beim Nutri-Score werden künstliche Süßstoffe nicht als Zucker gezählt!
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Eine weitere Zutat, bei welcher der Nutri-Score nicht differenziert, ist Zucker.
Bei der Berechnung des Nutri-Scores werden künstliche Süßstoffe nicht als Zucker gezählt, noch fließen sie anderweitig in die Bewertung mit ein. So kann es dazu kommen, dass Produkte wie Cola Zero, die mit künstlichen Stoffen gesüßt ist, eine Bewertung von B (hellgrün) erhält, wohingegen naturtrüber Apfelsaft ein C (gelb) bekommt, weil darin natürlicher Zucker enthalten ist.
Natürlich sind künstliche Süßstoffe und Zucker aus natürlicher Quelle nicht dasselbe, jedoch können diverse künstliche Süßstoffe genauso wie Zucker negative Effekte (z.B. auf die Darmflora) haben, wenn sie im Übermaß zugeführt werden.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Nutri-Score von Lebensmittelherstellern als Marketing-Tool eingesetzt werden kann, um ihre Produkte als gesünder zu vermarkten.
Bald neu: Ab Dezember 2023 sollen Süßungsmittel berücksichtigt werden bzw. „Negativ-Punkte“ erhalten, um Herstellern keinen Anreiz zu bieten, Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen. Registrierte Unternehmen bekommen bis Ende 2025 Zeit, um die veränderte Berechnungsgrundlage umzusetzen. [4]
6. Der Nutri-Score berücksichtigt nicht die Portionsgröße!
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Außerdem solltest du wissen, dass der Nutri-Score nur den durchschnittlichen Gehalt an Zucker, Salz oder Fett pro 100 g bzw. 100 ml Produkt berücksichtigt, nicht jedoch die Gesamtmenge in einer Portion.
Das kann zu Missverständnissen führen, denn je nach Lebensmittel sind Portionen oft kleiner oder größer als 100 g oder 100 ml.
Natives Olivenöl erhält beispielsweise eine recht schlechte Bewertung, da 100 ml davon sehr viele Kalorien enthalten. In Ernährungspraxis verzehrt man in einer Mahlzeit (z.B. im Salatdressing) jedoch sehr viel weniger als 100 ml Olivenöl.
Wie viel von einem Lebensmittel realistischerweise verzehrt wird, fließt nicht in die Nutri-Score-Berechnung hinein.
7. Für tierische Produkte wie Käse wird eine Ausnahme gemacht!
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Für die Berechnung des Nutri-Scores von Käse, Getränken sowie Fetten und Ölen gelten Sonderregeln. Unter anderem, weil über die allgemeine Berechnungsformel praktisch keine Käsesorte über eine rote E-Bewertung hinauskäme. [5] Immerhin ist tierischer Käse sehr reich an Salz und gesättigten Fettsäuren.
Zudem gibt es eine weitere Ausnahme nur für Käse:
Bei der Bewertung des Nutri-Scores werden, wie oben bereits erklärt, normalerweise zunächst die Mengen der ungünstigen Inhaltsstoffe ermittelt und danach die günstigen Inhaltsstoffe berücksichtigt und das Ganze miteinander verrechnet.
Käse ist ein Spezialfall, da er laut offizieller Stelle als wichtige Quelle für Calcium gilt. Dieser Nährstoff findet bei der Berechnung des Nutri-Scores aber keine Berücksichtigung. Daher fließt im Spezialfall Käse der Proteingehalt immer positiv in die Berechnung mit ein, unabhängig von der Punktezahl der ungünstigen Inhaltsstoffe. [6]
Bei anderen Lebensmitteln kann ein hoher Proteingehalt den Nutri-Score-Wert nur dann verbessern, wenn sie einen vergleichsweise guten Nährwert aufweisen oder dazu einen Mindestgehalt nährstoffreicher Zutaten wie Obst, Gemüse oder Nüsse enthalten. [5]
So kommt es zu einer besseren Bewertung von Käseprodukten. Für Lebensmittel wie Nüsse und Samen -welche von Natur aus reich an Fetten, aber auch an Vitaminen sind- gibt es keine Sonderregelung.
Was meinst du, ist das fair?
Nutri-Score Kritik
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Ja, in einigen Fällen kann der Nutri-Score theoretisch dabei helfen, die „bessere“ Wahl zwischen verschiedenen (industriell verarbeiteten) Produkten zu treffen. Zum Beispiel bei der Frage „Welche dieser Tiefkühlpizzen hat bessere Nährwerte“ (zumindest bezogen auf die Makronährstoffe Kohlenhydrate, Proteine und Fette).
Uninformierte Verbraucher könnte der Nutri-Score jedoch auch in die Irre führen, weil das auf einem hoch verarbeiteten Produkt dunkelgrün hinterlegte A suggeriert, es handele sich um ein gesundes Produkt. Das wiederum führt dazu, dass weiterhin (und wohlmöglich sogar mehr) nährstoffarme Lebensmittel voller Zusatzstoffe konsumiert werden, die der Gesundheit nicht zuträglich sind.
Der Nutri-Score vereinfacht komplexe Informationen und differenziert nicht, ob ein Produkt naturbelassen oder stark verarbeitet ist.
Das Label sollte daher nicht als alleiniges Kriterium für die Wahl von (verarbeiteten) Lebensmitteln herangezogen werden, sondern höchstens als Ergänzung zu anderen Informationen. Zum Beispiel der Zutatenliste und der Nährwerttabelle auf der Rückseite der Verpackung, anhand derer sich günstige und ungünstige Eigenschaften eines Produkts genauer erkennen lassen.
Selbst denken ist unverzichtbar und man sollte sich nicht blind auf irgendwelche Labels verlassen. Greife beim Einkauf zu reichlich unverarbeiteten Lebensmitteln wie frischem Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten sowie Nüssen und Samen. Denn der Grad der Naturbelassenheit von Lebensmitteln ist in den meisten Fällen ein geeigneter Maßstab für den Gesundheitswert bzw. die Qualität eines Lebensmittels.
Wie hat dir dieser Beitrag gefallen?
Ich hoffe, dieser Beitrag war aufschlussreich für dich und du hast etwas Neues erfahren. Schreib mir gerne unterhalb in die Kommentare, welche der erwähnten Punkte dir noch unbekannt waren! Ich bin gespannt auf dein Feedback und freue mich, von dir zu lesen.
Liebe Sofia,
super Beitrag, danke, es ist mir auch schon lange aufgefallen, dass der Nutri-Score nicht das ist, was er versprechen sollte…..ich lese immer noch das Kleingedruckte, also die Zutatenliste und lege dann das meiste wieder weg und bin ganz deiner Meinung den eigenen Kopf zum Denken zu nehmen
Hallo Marlies,
danke dir für deinen Kommentar. Freut uns sehr, dass dir der Beitrag gefällt. Das Kleingedruckte lesen ist (leider) sehr wichtig geworden.
Stöber gerne auch durch unsere weiteren Blog Artikel.
Viele Grüße
Liebe, geschätzte Sofia, danke Dir für diese reiche, informative Mitteilung an uns Interessierten.
Heute habe ich noch eine Frage / Bitte an dich: Kannst Du uns mal über das Zeichen auf gewissen Nahrungsmitteln informieren, welches ich immer häufiger sehe, entdecke und mit Verwunderung feststelle, ohne irgendwo eine gute Auskunft zu erhalten. Das Zeichen ist ein kleiner Frosch, mit der Schrift: RAINFOREST ALLIANCE PEOPLE & NATURE.
Eine Auskunft von Dir würde mich sehr freuen.
Mit herzlichen Grüssen Ursula
Liebe Ursula,
vielen Dank für das Lob zu meinem Beitrag.
Zu deiner Frage:
Laut der Rainforest Alliance selbst steht das Siegel dafür „dass das Produkt (oder ein bestimmter Inhaltsstoff) von land- und forstwirtschaftlichen ErzeugerInnen und/oder Unternehmen hergestellt wurde, die zusammenarbeiten, um eine Welt zu schaffen, in der Mensch und Natur gemeinsam wachsen.“
Meine schnelle Onlinerecherche hat ergeben, dass das Logo weder etwas mit biologischem Anbau zu tun hat (das wäre ja umweltfreundlich und nachhaltig) noch eine faire Bezahlung für die Bauern garantiert (also auch kein Fair Trade).
Unter anderem wird von verschiedenen Stellen kritisiert, dass die Organisation keine ausreichend strengen Standards hat bzw. die bestehenden Standards oft nicht eingehalten und auch nur unzureichend kontrolliert werden. Klingt für mich nach Greenwashing, aber wie gesagt, habe ich das Thema nicht tiefer recherchiert.
Liebe Grüße
Sofia