Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

Zuletzt aktualisiert am 11/03/2024 von Sofia (Iss Happy) (8 Kommentare)

Solltest du Gemüse kochen oder doch besser in roher Form essen? 

Wenn du auf Rohkost tippst, liegst du richtig. Und wenn du auf Gemüse kochen tippst, liegst du ebenfalls richtig. [1]

Ich weiß, auf eine so einfache Frage wünschst du dir wahrscheinlich eine ganz einfache und vor allem kurze Antwort. Im Ernährungsbereich ist es aber oft schwierig und in den meisten Fällen auch nicht sinnvoll, pauschale Antworten zu geben und undifferenzierte Empfehlungen auszusprechen.

Gemüse ist eine sehr vielfältige Lebensmittelgruppe und jede Sorte enthält eine Vielzahl an unterschiedlichen Nährstoffen und bioaktiven Substanzen, die unterschiedlich auf Hitzeeinwirkung -sprich kochen- reagieren.

Einige dieser Stoffe sind hitzelabil und werden durch hohe Temperatureinwirkung abgebaut. Bei anderen sorgt das Erhitzen wiederum für eine höhere Bioverfügbarkeit, d.h. sie werden durch das Kochen des Gemüses besser für den Körper verfügbar gemacht.

Rohkost oder Kochkost?

Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

©KucherAV via Canva.com

Ein großer Vorteil von Rohkost ist, dass durch das Nicht-Erhitzen des Gemüses lebenswichtige hitzelabile Nährstoffe wie einige B-Vitamine, Vitamin C und bestimmte gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe in den Lebensmitteln komplett erhalten bleiben.

Der Nährstoffverlust beim Kochen ist i.d.R. jedoch nicht so groß, wie häufig vermutet. Zum Beispiel enthält gedünsteter Brokkoli gerade mal 10% weniger Vitamin C als roher. [2] Diesen geringen Nährstoffverlust kannst du ganz einfach ausgleichen, indem du ein paar Brokkoli Röschen mehr isst.

Mein Ziel mit diesem Beitrag ist es nicht, die Rohkost abzulehnen und dir zu empfehlen, Gemüse nur noch in gekochter Form zu dir zu nehmen. Sondern eher, dir aufzuzeigen, dass Gemüse kochen nicht per se etwas Schlechtes ist oder immer zu einem Nährstoff- bzw. Antioxidanzienverlust führt.

Die richtige Mischung macht es! Also lass dir bitte von niemandem einreden, du müsstest 100% rohköstlich essen, um genügend gesundheitsfördernde Stoffe zu dir zu nehmen. Auch wenn Rohkost gesund und ein wichtiger Bestandteil eines gesunden Speiseplans ist, entspricht eine solche pauschale und undifferenzierte Aussage einfach nicht den Tatsachen.

Diese Gemüse besser nicht roh verzehren!

Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

©photohomepage via Canva.com

Prinzipiell kannst du (fast) alle Gemüsesorten roh verzehren. Bei einer Handvoll Sorten würde ich dir jedoch vom Rohverzehr abraten, da diese unter Umständen bestimmte unerwünschte Substanzen enthalten können.

Hierzu zählen: 

  • Auberginen
  • Kartoffeln
  • Maniok
  • Rhabarber (nur die Stangen, die Blätter sind nicht essbar)

Auch wenn es in diesem Beitrag um Gemüse geht, möchte ich noch zwei weitere Lebensmittelgruppen erwähnen, welche du nicht roh verzehren solltest. Und zwar Hülsenfrüchte sowie Pilze (außer Zuchtchampignons).

Hülsenfrüchte

Hülsenfrüchte enthalten nämlich im Rohzustand einen giftigen Stoff namens Phasin (dieser gehört zu den sogenannten Lektinen), der in größeren Mengen aufgenommen zu Darmschädigungen führt.

Bohnen, Linsen & Co. solltest du also bitte niemals roh verzehren! Aber keine Sorge, beim Kochen wird dieser Stoff zerstört, sodass du gegarte Hülsenfrüchte bedenkenlos verzehren kannst. 

Pilze

Mit Ausnahme von Zuchtpilzen wie Champignons solltest du auch Pilze (vor allem Wildpilze!) vor dem Verzehr erhitzen, da diese im Rohzustand ebenfalls toxische Substanzen enthalten können, welche erst durch das Kochen abgebaut werden.

Andere Zuchtpilze wie Austernpilze, Kräuterseitlinge oder Shiitake können ebenfalls roh gegessen werden, schmecken so aber nicht besonders gut. Zudem gibt es Menschen, denen der Verzehr von rohen Kräuterseitlingen Verdauungsbeschwerden bereiten kann. [3]

Bei diesen Gemüsesorten macht ein Erhitzen Sinn

Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

©Tatabrada  via Canva.com

Dann gibt es noch eine Reihe an Gemüsesorten, welche du zwar problemlos roh verzehren kannst, bei denen ein Erhitzen aber dennoch Sinn macht.

Hierzu zählen Oxalsäure reiche Gemüsesorten wie Spinat und Mangold. Die in ihnen enthaltene Oxalsäure kann die Resorption von Eisen, Kalzium und Zink hemmen. Eine hohe Zufuhr an Oxalsäure kann daher zu Mineralstoffmängeln führen.

Die die Oxalsäure beim Kochen ins Wasser übergeht, sollte das Kochwasser möglichst nicht weiterverwendet werden.

Bessere Bioverfügbarkeit von sekundären Pflanzenstoffen durch Erhitzen

Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

©Tanya-stock via Canva.com

Und dann gibt es wie eingangs erwähnt auch solche Gemüse, die im Rohzustand sehr gesund sind, aber in erhitzter Version sogar noch gesünder. Wenn einige sekundäre Pflanzenstoffe werden durch Erhitzen besser für den Körper verfügbar gemacht.

Hierzu gehören die beiden Carotine:

  1. Beta-Carotin (u.a. in Süßkartoffeln, Karotten, Grünkohl, Spinat, Mangold und Kürbis)
  2. Lycopin (insbesondere in Tomaten enthalten)

Beta-Carotin

Bei Beta-Carotin handelt es sich um Provitamin A, die Vorstufe von Vitamin A (oder auch Retinol genannt). Laut einer Untersuchung hat man nach dem Essen von gekochten Karotten 6-mal mehr Vitamin A in der Blutbahn, als wenn man sie roh essen würde. [4]

Lycopin

Lycopin ist ein rotes Pflanzenpigment und gehört zu den Antioxidanzien. Es gilt als Radikalfänger, d.h. es kann freie Radikale im Körper binden und somit bestimmten Krankheiten vorbeugen.

Eine Untersuchung von Rohköstlern in Deutschland, die sich bereits eine lange Zeit roh ernährten, zeigte, dass diese Personengruppe niedrige Lycopinwerte im Blut aufwies. [5]

Gekochte Tomaten scheinen daher für höhere Lycopinwerte im Blut zu sorgen als rohe [6].

Tipp

Um die Bioverfügbarkeit von Beta-Carotin und Lycopin (sowie der fettlöslichen Vitamine D, E und K) zu erhöhen, integrierst du am besten auch eine gesunde Fettquelle in deine Mahlzeiten. Denn dadurch können die sekundären Pflanzenstoffe und fettlöslichen Vitamine besser vom Körper aufgenommen werden.

Die Mischung macht’s!

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©MarianVejcik via Canva.com

Andere sekundäre Pflanzenstoffe, wie z.B. das Lutein in Brokkoli, Grünkohl oder Erbsen oder das Zeaxanthin in Mais werden -anders als die oben genannten Carotine- durch Erhitzen zerstört.

Natürlich enthalten die oben erwähnten Gemüsesorten nicht nur einen, sondern eine Vielzahl an gesundheitsfördernden Stoffen. Zum Beispiel steckt in roter Paprika nicht nur Beta-Carotin, sondern auch eine Menge Vitamin C (welches beim Kochen teilweise verloren geht).

Es ist also weder notwendig, Gemüse ausschließlich rohköstlich zu verzehren, noch sinnvoll, alle Gemüsesorten zu kochen. Die Mischung macht’s und du kennst nun zumindest die Sorten, bei denen ein Erhitzen von Vorteil ist.

Ich esse zum Beispiel rote Paprika in meinen Salaten gerne roh und in Gemüse Currys gebe ich sie ganz zum Schluss dazu, sodass sie einige Minuten mit kochen können, aber nicht „tot gekocht“ werden.

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Gegartes Gemüse ist leichter verdaulich

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©aluxum via Canva.com

Essen ist so viel mehr als die Aufnahme von Nährstoffen und sollte Genuss und Freude bereiten. Wenn dir also bestimmte Gemüsesorten roh bzw. gekocht besser schmecken, dann iss sie gerne so. Vor allem, wenn du dadurch mehr von einer bestimmten Gemüsesorte isst!

Ein Erhitzen kann aber auch dann von Vorteil sein, wenn dir rohes Gemüse nicht so gut bekommt und du durch zu hohe Mengen Rohkost Verdauungsbeschwerden entwickelst. Denn gegartes Gemüse ist in der Regel leichter verdaulich als rohes.

Das Erhitzen ersetzt quasi einen Teil des Verdauungsvorgangs, wodurch nach dem Verzehr von gekochtem Gemüse weniger Verdauungsarbeit erforderlich ist. [7]

Wenn du rohen Kohl nicht gut verträgst, macht es keinen Sinn, dir haufenweise davon hineinzuzwängen. Dann doch lieber gekocht genießen – ganz ohne Bauschmerzen!

Sulforaphan

Da wir gerade über Kohl sprechen, ein kurzer Exkurs zu einem der gesundheitlich wertvollsten sekundären Pflanzenstoffe Sulforaphan.

Kreuzblütengemüse wie Blumenkohl, Brokkoli und sämtliche Kohlarten, aber auch Rucola, Rettich und Senf sind in ihrer rohen Variante eine hervorragende Sulforaphan-Quelle.

Da beim Erhitzen das Enzym abgebaut wird, welches für die Herstellung von Sulforaphan erforderlich ist, solltest du entweder:

1. Kreuzblütengemüse klein schneiden und vor dem Kochen ca. 40 Minuten abwarten, bis sich das Sulforaphan gebildet hat. Der sekundäre Pflanzenstoff an sich ist nämlich hitzebeständig (bloß das Enzym für seine Herstellung nicht).

2. Oder du gibst dem gekochten Gemüse einen rohen Vertreter der Kreuzblütengemüse bei. Denn dieses rohe Gemüse enthält das aktive Enzym, welches für die Bildung von Sulforaphan im gekochten Gemüse sorgt.

>>Weitere Infos zu Sulforaphan und hilfreiche Zubereitungstipps bekommst du hier.<<

Eine ausschließliche Rohkosternährung ist wie du siehst nicht unbedingt gesünder als eine Kombination aus gekochten und rohen vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln. [8]

Generell ist eine abwechslungsreiche vollwertige pflanzliche Ernährung mit einem Rohkostanteil von etwa ein bis zwei Dritteln empfehlenswert.

Wie genau die Verteilung bei dir aussieht, kannst du von deinem persönlichen Geschmack, deiner Bekömmlichkeit, deinem Gesundheitszustand, der Jahreszeit, der Verfügbarkeit von Lebensmitteln usw. abhängig machen.

Im Sommer fällt es z.B. vielen leichter, reichlich Rohkost in den Speiseplan einzubauen. Wohingegen im Winter meistens der Wunsch nach mehr gekochtem Gemüse in Form von Suppen und Eintöpfen größer ist.

Jeder Mensch ist unterschiedlich, daher ist es nicht sinnvoll, alle in eine enge Schablone zu pressen.

Selbstverständlich kannst du Karotten, Tomaten & Co. weiterhin roh verzehren. Nun weißt du aber, dass ihr gesundheitsförderndes Potenzial durch Erhitzen erhöht und bereitest sie vielleicht öfter gegart zu.

Denn am Ende zählt nicht nur, was wir essen, sondern vor allem auch was wir absorbieren. [9]

Wie hat dir dieser Beitrag gefallen?

Ich hoffe, der Artikel war aufschlussreich für dich und du hast etwas dazu gelernt. Wie immer freue ich mich auf dein Feedback unterhalb in den Kommentaren!

Schreib auch gerne mit dazu, welche Gemüsesorten du roh bzw. gekocht lieber magst und wie du sie am liebsten zubereitest 🙂

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Gemüse kochen oder lieber roh essen – Was ist gesünder?

Quellen

  • [1] How Not to Die: Entdecken Sie Nahrungsmittel, die Ihr Leben verlängern - und bewiesenermaßen Krankheiten vorbeugen und heilen. [Link]*
  • [2] Changes in the Content of Health-Promoting Compounds and Antioxidant Activity of Broccoli After Domestic Processing. [Link]
  • [3] Verein für unabhängige Gesundheitsberatung: Welche Gemüse kann man nicht roh essen? [Link]
  • [4] The effect of food preparation on the bioavailability of carotenoids from carrots using intrinsic labelling. [Link]
  • [5] Long-term strict raw food diet is associated with favourable plasma β-carotene and low plasma lycopene concentrations in Germans. [Link]
  • [6] Intestinal Absorption of Lycopene From Different Matrices and Interactions to Other Carotenoids, the Lipid Status, and the Antioxidant Capacity of Human Plasma. [Link]
  • [7] The Expensive-Tissue Hypothesis: The Brain and the Digestive System in Human and Primate Evolution. [Link]
  • [8] How Not to Die: Entdecken Sie Nahrungsmittel, die Ihr Leben verlängern - und bewiesenermaßen Krankheiten vorbeugen und heilen. [Link]*
  • [9] How Not to Die: Entdecken Sie Nahrungsmittel, die Ihr Leben verlängern - und bewiesenermaßen Krankheiten vorbeugen und heilen. [Link]*

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  • Liebe Sofia,
    danke für diesen ausführlichen Beitrag. Ich habe eine Frage zum Thema Oxalsäure, ich liebe Rote Beete auch sehr. Vor einiger Zeit bin ich auf Rote Beete Saft gestoßen und trinke den ganz gerne. Nun habe ich Bedenken wegen der Oxalsäure. Mein Saft ist milchsauer vergoren. Meine Frage nun, wie sich dieser Prozess auf den Oxalsäuregehalt auswirkt? Baut Vergärung diesen ebenfalls ab?
    Liebe Grüße, Sandra

    • Liebe Sandra,
      danke für das Feedback zum Beitrag und deinen Kommentar ??
      Ja, durch die milchsaure Fermentation wird Oxalsäure (so wie Phytinsäure) abgebaut. Zwar nicht vollständig, aber die Konzentration sinkt durchaus (und giftig wirkt Oxalsäure erst in sehr großen Mengen).
      Liebe Grüße ?

  • Ich liebe rohe, geraffelte Randen (rote Rüben) im Salat.
    Auch roher Süsskartoffel-Salat, mit spez.Süsskartoffel-Salatsauce. (5h mariniert im Kühlschrank) ist sehr fein.
    Wenn du möchtest, gebe ich dir gerne mein Rezept.
    Liebe Grüsse Marius

  • Roten Paprika knabbere ich gerne roh, während mir gekochter Paprika absolut nicht schmeckt…
    Blumenkohl oder Romanesco auch lieber roh (mit Dip – lecker!!!) als gekocht
    Liebe Grüsse
    Petra

  • JA!!! Danke für diesen wunderbaren Artikel!!! Wie schon zu anderen Themen bin ich zu dem gleichen Schluss gekommen, finde es bei dir aber fundiert und begründet und bestätigt 🙂 Und du erklärst alles in so verständlicher Weise. Tolle Arbeit, die du leistest! Durch dich fühle ich mich immer wieder ein Stückchen sicherer!

    • Oh, wie großartig!
      Von Herzen danke für deine lieben Worte, liebe Julia!
      Es freut uns wirklich sehr, dass dir auch dieser Artikel so gut gefällt und du dich dadurch ein wenig sicherer fühlst. Einfach toll!
      Vielen lieben Dank und weiterhin viel Freude beim Stöbern auf http://www.isshappy.de!
      Viele Grüße

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